Hausordnung in Wohnungseigentümergemeinschaften rechtssicher gestalten: So vermeiden Sie rechtliche Fallstricke

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Streit wegen Lärm, Haustieren oder Parkplätzen - das ist in vielen Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) Alltag. Doch oft liegt das Problem nicht an den Nachbarn, sondern an einer schlecht formulierten Hausordnung. Eine Hausordnung ist kein bloßer Vorschlag, sondern ein verbindliches Regelwerk. Wer sie nicht richtig macht, läuft Gefahr, dass sie vor Gericht als unwirksam abgelehnt wird - und dann bleibt nur noch Streit. Dabei ist es einfach, eine rechtssichere Hausordnung aufzustellen. Es braucht nur klare Regeln, Respekt für das Gesetz und ein paar wichtige Schritte, die fast jeder WEG übersehen.

Warum eine Hausordnung überhaupt nötig ist

Niemand muss eine Hausordnung haben. Das steht nicht im Gesetz. Aber jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, sie zu verlangen. Wenn es keine gibt, kann er das Wohnungseigentumsgericht anrufen - und das Gericht schreibt dann eine Hausordnung vor. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Besser ist es, sie selbst zu machen, bevor es zum Streit kommt.

Die rechtliche Grundlage ist klar: § 19 Abs. 2 Nr. 1 WEG sagt, dass die Aufstellung einer Hausordnung zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung gehört. Das bedeutet: Der Verwalter oder die Gemeinschaft handelt nicht nur richtig, wenn sie eine Hausordnung erarbeitet - sie handelt verantwortungsvoll. Denn sie verhindert Konflikte, bevor sie entstehen. Die meisten Probleme in WEGs kommen von unscharfen Regeln. Wer abends Musik hört, wer seinen Hund ausführt, wo man sein Fahrrad abstellt - all das sollte geregelt sein, aber nicht willkürlich.

Was eine rechtssichere Hausordnung enthalten muss

Eine gute Hausordnung ist konkret, fair und rechtlich haltbar. Sie enthält keine Pauschalverbote, sondern klare Grenzen. Hier sind die wichtigsten Inhalte, die in jeder Hausordnung stehen sollten:

  • Ruhezeiten: Meist 22:00 bis 7:00 Uhr und 13:00 bis 15:00 Uhr. Lärm von Bohrmaschinen, Musik oder Parties ist dann verboten. Aber: Wer abends leise Musik hört, sollte nicht als Störer gelten. Die Regel muss verhältnismäßig sein.
  • Haustierhaltung: Ein generelles Verbot von Hunden oder Katzen ist unzulässig. Der Bundesgerichtshof hat das 2005 klar entschieden. Erlaubt ist, Gewichts- oder Anzahlbegrenzungen festzulegen - zum Beispiel: „Maximal ein Hund bis 15 kg“ oder „Zwei Katzen pro Wohnung“. Wichtig: Es muss ein konkreter Grund für die Einschränkung vorliegen - etwa Lärm oder Allergien in der Nachbarschaft.
  • Mülltrennung und -abgabe: Werden die Container am falschen Tag gefüllt oder überquillen? Dann regeln Sie es: „Mülltrennung wie in der Stadt München vorgeschrieben, Abgabe montags und donnerstags bis 18 Uhr.“
  • Parkplätze: Wer darf wo parken? Wer nutzt den Besucherparkplatz? Was passiert bei Missbrauch? Eindeutige Kennzeichnung und klare Regeln verhindern Streit. Ein Verbot von Elektroautos in der Tiefgarage ist übrigens unwirksam - das hat das OLG Hamm 2023 entschieden, weil es gegen das Energiewirtschaftsgesetz verstößt.
  • Gemeinschaftsräume: Treppenhäuser, Keller, Garten - wer putzt, wer nutzt, wann? Ein Putzplan mit Namen und Terminen ist sinnvoll. Wer den Garten als Lagerplatz nutzt, muss das untersagt bekommen.
  • Balkon und Rauchen: Ein komplettes Rauchverbot auf Balkonen ist nicht zulässig. Wer riecht, muss das akzeptieren - solange es nicht zu einer unzumutbaren Belästigung wird. Klare Formulierungen wie „Rauchen auf Balkonen ist erlaubt, solange keine Rauchwolken in Nachbarwohnungen ziehen“ sind besser als Verbote.

Was nicht rein darf: Diskriminierende Regeln. Keine Klauseln, die Familien mit Kindern, Senioren oder Menschen mit Behinderung benachteiligen. Das verletzt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Auch Regelungen, die mit der Teilungserklärung kollidieren, sind nichtig. Die Hausordnung darf nicht gegen das Grundgesetz oder das BGB verstoßen.

Wie die Hausordnung rechtswirksam wird

Eine Hausordnung entsteht nicht durch Posten an der Hauswand. Sie muss beschlossen werden - und zwar von der Eigentümerversammlung. Die Mehrheit ist einfach: mehr als die Hälfte der Stimmen. Aber: Alle Eigentümer müssen vorab schriftlich eingeladen werden, und der Entwurf muss mit der Einladung verschickt werden. Keine Überraschungen in der Sitzung.

Wichtig: Die Hausordnung wird nicht ins Grundbuch eingetragen. Das macht die Gemeinschaftsordnung. Die Hausordnung ist eine Verwaltungsregel - sie wirkt aber trotzdem verbindlich. Sobald sie beschlossen ist, gilt sie für alle Eigentümer. Und auch für Mieter - aber nur, wenn sie in den Mietvertrag aufgenommen wurden. Das ist ein häufiger Fehler.

Ein Mieter ist nicht automatisch an die Hausordnung gebunden. Er ist nur verpflichtet, wenn:

  • die Hausordnung als Anlage im Mietvertrag steht, oder
  • der Vermieter ihn ausdrücklich darauf hingewiesen hat und er zugestimmt hat.

Das Landgericht Karlsruhe hat das 2019 klargestellt: Ohne Vereinbarung im Mietvertrag kann ein Mieter gegen eine Hausordnungsregel vorgehen - selbst wenn sie legal ist. Deshalb: Jeder vermietende Eigentümer muss die aktuelle Hausordnung in seinen Mietvertrag aufnehmen. Sonst läuft er Gefahr, dass er selbst haftet, wenn sein Mieter gegen die Regeln verstößt.

Eine Waage vergleicht chaotische Verbote mit einer klaren, rechtssicheren Hausordnung.

Wer kontrolliert und durchsetzt?

Der Hausverwalter ist nicht der Polizist der WEG. Er hat die Aufgabe, darauf zu achten, dass die Regeln eingehalten werden - aber er darf nicht direkt Mieter abmahnen. Er muss den Wohnungseigentümer ansprechen, der dann seinen Mieter verpflichtet. Das ist ein wichtiger Unterschied. Wer das falsch macht, riskiert, dass eine Abmahnung vor Gericht nicht gilt.

Die WEG kann aber direkt gegen Verstöße vorgehen - seit der Novelle vom 1. Dezember 2020. § 9a Abs. 2 WEG erlaubt es der Gemeinschaft, Unterlassungsansprüche geltend zu machen, ohne dass ein extra Beschluss nötig ist. Das heißt: Wenn jemand gegen die Hausordnung verstößt, kann die WEG direkt beim Gericht eine Unterlassungsklage einreichen. Das gilt für Eigentümer und Mieter - wenn die Hausordnung rechtlich gültig ist und im Mietvertrag steht.

Die häufigsten Fehler - und wie man sie vermeidet

Laut einer Studie der Deutschen Anwaltsakademie aus 2022 haben 78 % der Hausordnungen rechtliche Fehler. Die häufigsten sind:

  • Pauschalverbote: „Keine Haustiere“, „Kein Rauchen auf Balkonen“, „Kein Parken in der Tiefgarage“ - diese Formulierungen sind oft unwirksam.
  • Unklare Formulierungen: „Lärm ist unzulässig“ - was ist Lärm? Wer entscheidet das? Besser: „Lautstärke über 45 Dezibel zwischen 22 und 7 Uhr ist verboten.“
  • Widersprüche zur Teilungserklärung: Wenn die Teilungserklärung sagt, dass Kellerflächen als Lagerraum genutzt werden dürfen, kann die Hausordnung das nicht verbieten.
  • Keine Einbindung der Mieter: Wenn die Hausordnung nicht im Mietvertrag steht, ist sie für Mieter nicht bindend - und das führt zu Klagen.

Ein Tipp: Lassen Sie die Hausordnung von einem Fachanwalt für WEG-Recht prüfen. Die Kosten liegen bei 800 bis 1.500 € - viel weniger als ein Gerichtsprozess, der 5.000 bis 15.000 € kostet. Und 63 % der Rechtsstreitigkeiten wegen Hausordnungen beruhen laut Rechtsanwaltskanzlei Liebert & Röth auf unklaren Formulierungen. Das ist vermeidbar.

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Was kommt 2025? Digitale Herausforderungen

Die Welt verändert sich - und damit auch die Hausordnung. Bald werden Fragen wie diese auftauchen:

  • Darf man einen Smart-Home-Assistenten im Treppenhaus installieren?
  • Wie stark darf das WLAN in der Wohnung sein, wenn es die Nachbarn stört?
  • Darf man einen E-Lader in der Tiefgarage installieren - und wer zahlt den Strom?

Professor Dr. Thomas Rödl von der Universität Passau sagt: „2025 wird die digitale Hausordnung zum Thema.“ Wer heute noch keine Regeln für neue Technologien hat, wird bald mit Klagen konfrontiert. Es ist sinnvoll, jetzt schon vorzudenken. Eine Regel wie „Digitale Geräte dürfen nicht so betrieben werden, dass sie die Kommunikation in der Wohnungseigentümergemeinschaft stören“ ist ein guter Anfang.

Was tun, wenn die Hausordnung schon existiert?

Wenn Sie eine alte Hausordnung haben, prüfen Sie sie. Hat sie mehr als fünf Jahre auf dem Buckel? Dann ist sie wahrscheinlich veraltet. Fragt sich: Ist sie noch aktuell? Steht sie im Mietvertrag? Sind die Regeln verhältnismäßig? Hat jemand sie jemals geprüft?

Ein einfacher Check:

  1. Lesen Sie die Hausordnung - gibt es Pauschalverbote?
  2. Prüfen Sie, ob sie mit der Teilungserklärung übereinstimmt.
  3. Prüfen Sie, ob sie im Mietvertrag der Vermieter aufgenommen ist.
  4. Frage Sie die Mieter: Haben sie sie überhaupt gesehen?
  5. Lassen Sie sie von einem Fachanwalt prüfen.

Wenn Sie diese Schritte machen, vermeiden Sie nicht nur Streit - Sie schaffen ein Zusammenleben, das funktioniert. Denn eine gute Hausordnung ist kein Verbotswerk, sondern ein Gemeinschaftsvertrag. Sie gibt allen Sicherheit - Eigentümern, Mietern, Verwaltern.

Ist eine Hausordnung in einer WEG gesetzlich vorgeschrieben?

Nein, eine Hausordnung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Aber jeder Wohnungseigentümer hat nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG das Recht, ihre Aufstellung zu verlangen. Wenn die Gemeinschaft sie nicht beschließt, kann das Wohnungseigentumsgericht eine Hausordnung erlassen.

Können Mieter gegen eine Hausordnung vorgehen?

Ja, wenn die Hausordnung nicht Bestandteil ihres Mietvertrags ist. Mieter sind nur dann an die Hausordnung gebunden, wenn sie schriftlich in den Mietvertrag aufgenommen wurde. Sonst kann ein Mieter gegen eine Regelung vorgehen - selbst wenn sie rechtlich gültig ist.

Darf man in einer WEG Haustiere verbieten?

Nein, ein generelles Verbot von Haustieren ist unwirksam. Der Bundesgerichtshof hat 2005 entschieden, dass nur konkrete Einschränkungen zulässig sind - etwa Begrenzungen von Anzahl oder Gewicht. Ein Verbot ist nur dann erlaubt, wenn ein Tier konkrete, unzumutbare Störungen verursacht.

Was passiert, wenn jemand gegen die Hausordnung verstößt?

Der Hausverwalter muss den Wohnungseigentümer abmahnen, nicht den Mieter. Die WEG-Gemeinschaft kann dann einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB geltend machen. Seit 2020 ist dafür kein extra Beschluss nötig - die WEG kann direkt klagen.

Kann man eine Hausordnung einfach ändern?

Ja, aber nur durch Beschluss der Eigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit. Änderungen müssen schriftlich vorab bekanntgegeben werden. Eine einfache Posten an der Hauswand reicht nicht - es muss eine formelle Abstimmung geben.