Eigentumswohnung - Energie‑Sanierungspflicht? Was Sie wissen müssen

- Sep, 17 2025
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- Lukas Friedrich
Sanierungspflicht‑ und Förderungs‑Rechner
Energetische Sanierung von Eigentumswohnungen ist ein Maßnahme zur Reduktion des Energieverbrauchs von Wohngebäuden, die durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) geregelt wird. Die Frage, ob Sie als Eigentümer oder Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gesetzlich verpflichtet sind, kann komplex wirken. Dieser Leitfaden gibt klare Antworten, zeigt rechtliche Grundlagen, erläutert Ausnahmen und präsentiert Fördermöglichkeiten sowie praxisnahe Schritte.
Kurzüberblick
- Das GEG verlangt Sanierungen, wenn ein Gebäude energetisch ineffizient ist und die Modernisierungskosten 10% der Jahresnettokaltmiete übersteigen.
- Ausnahmen gelten für Denkmalschutz, geringe Mietrendite und wirtschaftlich nicht vertretbare Kosten.
- KfW‑ und BAFA‑Programme decken bis zu 50% der Investitionskosten.
- Ein Energieausweis und ein Sanierungsfahrplan sind zentrale Vorbereitungstools.
- Die Entscheidung wird in der WEG‑Beschlussfassung getroffen - mit klaren Abstimmungsregeln.
Rechtslage: Was das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sagt
Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist das zentrale Regelwerk, das seit 2020 das alte EnEG, EnEV und EEWärmeG zusammenführt. Es verpflichtet Eigentümer, den energetischen Standard von Wohngebäuden schrittweise anzuheben. Kernpunkt ist die Sanierungsverpflichtung: Sobald ein „energetisch schlechtes“ Gebäude modernisiert wird, muss die Sanierung mindestens 10% der Jahresnettokaltmiete kosten. Für Eigentumswohnungen bedeutet das, dass bei einer umfassenden Modernisierung (z.B. neue Heizungsanlage) eine energetische Sanierung Pflicht wird, sofern die Kostengrenze überschritten wird.
Wer entscheidet? Die Rolle der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)
Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist das rechtliche Konstrukt, in dem alle Wohnungseigentümer gemeinsam über das Gebäude entscheiden. Sanierungsmaßnahmen gelten als bauliche Veränderungen, die nach § 23 WEG einer Beschlussfassung bedürfen. In der Regel ist eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen erforderlich, wenn die Kosten die Grenze von 10% der Jahresnettokaltmiete überschreiten. Das bedeutet: Ohne entsprechendes Votum dürfen Sie nicht eigenmächtig sanieren - selbst wenn Ihnen das Ergebnis langfristig Geld spart.
Ausnahmen und Sonderfälle
Das GEG kennt mehrere Befreiungen, die häufig übersehen werden:
- Denkmalschutz: Bei unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden gilt die Sanierungsverpflichtung nicht, solange die Maßnahmen den historischen Charakter wahren.
- Wirtschaftlichkeitsgrenze: Wenn die Sanierungskosten mehr als 35% des Wiederbeschaffungswerts des Gebäudes betragen, kann eine Befreiung beantragt werden.
- Geringe Mietrendite: Bei sehr niedrigen Mieteinnahmen kann die 10‑Prozent‑Grenze praktisch nie erreicht werden - hier entfällt die Pflicht.
Jede Ausnahme muss schriftlich begründet und im Protokoll der WEG festgehalten werden.
Förderprogramme: KfW vs. BAFA
Programm | Zielgruppe | Förderquote | Maximale Fördersumme |
---|---|---|---|
KfW‑Energieeffizient Sanieren | Eigentümer von Wohngebäuden | 20% - 40% | 120.000€ pro Einheit |
BAFA‑Zuschuss Heizungstausch | Privatpersonen, Vermieter, WEG | 35% - 45% | 35.000€ pro Heizungsanlage |
Beide Programme erfordern einen Energieausweis (Dokument, das den aktuellen Energieverbrauch eines Gebäudes quantifiziert) und einen Sanierungsfahrplan (schrittweises Konzept zur Optimierung der Gebäudeenergie) als Basis. Häufig lässt sich die Summe beider Förderungen kombinieren, solange die Gesamtkosten nicht über den Maximalwerten liegen.

Praktische Umsetzung: Vom Audit bis zur Fertigstellung
- Bestandsaufnahme: Beauftragen Sie einen zertifizierten Energieberater, der den aktuellen Energieverbrauchskennwert ermittelt.
- Erstellung des Sanierungsfahrplans: Der Berater liefert konkrete Maßnahmen (Dämmung, Heizung, Fenster) inkl. Kosten‑ und Einsparungsprognosen.
- WEG‑Beschluss: Vorlegen des Plans in der Eigentümerversammlung, Abstimmung gemäß §23 WEG.
- Förderanträge: Parallel Antrag bei KfW und/oder BAFA stellen - beide Behörden verlangen die gleichen Unterlagen, also gleichzeitige Einreichung sinnvoll.
- Auswahl der Fachbetriebe: Angebote vergleichen, darauf achten, dass die Handwerker die geforderten Effizienzstandards einhalten.
- Durchführung & Dokumentation: Während der Sanierung alle Schritte fotografisch und schriftlich festhalten - wichtig für die Fördernachweise.
- Abschluss und Nachweis: Neuer Energieausweis, Abschlussbericht des Energieberaters und Förderbestätigung einreichen.
Ein regelmäßiger Austausch mit der Hausverwaltung und den Nachbarn verhindert Missverständnisse und sorgt für einen reibungslosen Ablauf.
Kostenkalkulation und Wirtschaftlichkeitsprüfung
Typische Sanierungskosten für eine 80m² große Eigentumswohnung liegen zwischen 30.000€ und 55.000€. Davon können Sie - je nach gewähltem Programm - 20% bis 45% zurückholen. Beispielrechnung:
- Gesamtkosten: 45.000€
- KfW‑Förderung (30%): 13.500€
- BAFA‑Zuschuss (40%): 18.000€
- Eigenanteil: 13.500€
- Jährliche Energieeinsparung (nach Sanierung): ca. 1.200€
- Amortisationsdauer: rund 11 Jahre
Die Amortisationszeit ist ein wichtiges Argument in der WEG‑Versammlung - insbesondere, wenn die Eigentümer planen, die Wohnung später zu verkaufen.
Checkliste für die Sanierung in der WEG
- Gesetzliche Grundlage (GEG) prüfen.
- Energieausweis aktualisieren.
- Energieberater beauftragen und Sanierungsfahrplan erstellen.
- Kosten‑ und Einsparungsberechnung vorlegen.
- WEG‑Beschluss fassen (3/4‑Mehrheit bei >10% Kosten).
- Förderanträge (KfW, BAFA) gleichzeitig stellen.
- Fachbetriebe mit Effizienznachweis auswählen.
- Durchführung dokumentieren (Fotos, Protokolle).
- Neuen Energieausweis erhalten und einreichen.
- Nachkontrolle: Energieverbrauch messen, ggf. Nachbesserungen.
Typische Stolperfallen und wie Sie sie umgehen
Unklare Kostengrenze: Viele Eigentümer unterschätzen die 10‑Prozent‑Grenze. Rechnen Sie frühzeitig mit dem Energieberater, ob die geplanten Maßnahmen diesen Schwellenwert überschreiten.
Fehlende Fördernachweise: Ohne lückenlose Dokumentation wird der Zuschuss häufig gekürzt. Nutzen Sie digitale Projektmanagement‑Tools, um alle Rechnungen und Bestätigungen zu archivieren.
Einwände von Nachbarn: Einige Eigentümer befürchten Wertverluste oder störende Baumaßnahmen. Transparente Kommunikation, Vorab‑Präsentation von Kosteneinsparungen und die Möglichkeit, den Immobilienwert langfristig zu steigern, lindern Widerstände.
Ausblick: Wie sich die Sanierungspflicht in den nächsten Jahren entwickeln könnte
Die Bundesregierung plant, die 10‑Prozent‑Klausel im GEG schrittweise zu senken - Ziel 2028 ist eine Grenze von 5%. Gleichzeitig steigen die Förderquoten, um die höheren Investitionsvolumen auszugleichen. Wer jetzt saniert, profitiert von den aktuellen Förderungen und reduziert später die finanziellen Belastungen.
Häufig gestellte Fragen
Muss jede Eigentumswohnung sofort energetisch saniert werden?
Nein. Eine Pflicht entsteht nur, wenn bei einer Modernisierung die Kosten 10% der Jahresnettokaltmiete übersteigen und das Gebäude bereits den energetischen Standard unterschreitet. Ausnahmen gibt es für Denkmalschutz und wirtschaftlich nicht vertretbare Kosten.
Wie hoch kann die KfW‑Förderung maximal ausfallen?
Für das Programm „KfW‑Energieeffizient Sanieren“ können Eigentümer bis zu 40% der förderfähigen Kosten erhalten, maximal jedoch 120.000€ pro Wohneinheit.
Wer entscheidet über die Sanierung in der WEG?
Der Beschluss wird in der Eigentümerversammlung gefasst. Überschreiten die Kosten die 10‑Prozent‑Grenze, ist eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen nötig.
Kann ich nur einen Teil der Wohnung sanieren, um die Pflicht zu umgehen?
Teilweise Sanierungen gelten nur dann als Pflicht, wenn das Gesamtkonzept den energetischen Standard nicht unterschreitet. Einzelmaßnahmen wie Fenstertausch ohne Heizungsmodernisierung sind meist nicht pflichtbewertet.
Wie lange dauert das Genehmigungsverfahren für Förderungen?
Bei KfW und BAFA dauert die Bewilligung in der Regel 4‑8Wochen, wenn alle Unterlagen vollständig sind. Parallel laufende Anträge beschleunigen den Gesamtprozess.
Welche Unterlagen muss ich nach Abschluss der Sanierung einreichen?
Sie benötigen den neuen Energieausweis, den fertiggestellten Sanierungsfahrplan, Rechnungen aller Fachbetriebe, Fotodokumentation sowie die Förderbestätigungen von KfW/BAFA.